Eine Designverletzung liegt vor, wenn das Designrecht eines eingetragenen Designs durch ein identisches oder ein ähnliches Design verletzt wird, das keine andere Gesamtwirkung auf den informierten Benutzer hervorruft. Unten finden Sie eine umfassende Darstellung der Voraussetzungen, rechtlichen Maßnahmen und anwaltlichen Tätigkeiten, ergänzt durch Urteile und internationale Unterschiede.
I. Voraussetzungen für eine Designverletzung
1. Schutzvoraussetzungen des verletzten Designs
Ein Design kann nur verletzt werden, wenn es rechtsgültig eingetragen und schutzfähig ist. Voraussetzungen:
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Neuheit (§ 2 Abs. 2 DesignG)
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Eigenart (§ 2 Abs. 3 DesignG)
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Sichtbarkeit im bestimmungsgemäßen Gebrauch (bei funktionalen Bauteilen)
2. Schutzumfang (§ 38 DesignG)
Der Schutz erstreckt sich auf alle Designs, die beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erwecken. Entscheidend sind:
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Gestalterische Merkmale (Linien, Farben, Oberflächenstruktur)
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Vergleich der Gesamteindrücke (nicht bloß einzelner Details)
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Informierter Benutzer als Beurteilungsmaßstab (zwischen Laie und Fachmann)
3. Verletzungstatbestand (§ 38 Abs. 2 DesignG)
Eine Verletzung liegt insbesondere vor, wenn:
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Das verletzende Design identisch ist oder
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Es einen keinen anderen Gesamteindruck beim informierten Benutzer erweckt
II. Wichtige Urteile
1. BGH, Urt. v. 15.02.2018 – I ZR 202/16 – Ballerinaschuh
Leitsatz:
Beim Vergleich der Designs ist die Gesamtwirkung maßgeblich. Auch bei Alltagsgegenständen wie Schuhen kommt es auf kleinste Unterschiede an.
Kernaussage:
Ein Ballerinaschuh war trotz ähnlicher Form kein Verstoß, da kleine Unterschiede im Obermaterial und in der Linienführung einen anderen Gesamteindruck ergaben.
2. EuG, Urt. v. 06.06.2013 – T-68/10 – Baumaschinen-Design
Leitsatz:
Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster kann auch durch technische Gestaltungen geschützt werden, sofern ästhetische Spielräume bestehen.
Kernaussage:
Ein Design von Baumaschinen war trotz technischer Notwendigkeit geschützt, da es Gestaltungsspielraum gab.
3. OLG Frankfurt, Urt. v. 14.04.2016 – 6 U 21/15 – Designstuhl
Leitsatz:
Designverletzung auch ohne identische Nachbildung, wenn Gesamteindruck sehr ähnlich ist.
Kernaussage:
Ein Stuhl war durch minimale Formänderung nicht vom Schutzbereich ausgeschlossen.
III. Vermeidung von Designverletzungen
1. Recherche vor Designentwicklung
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DPMA-Recherche
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EUIPO-Register
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WIPO-Design View (international)
2. Designfreigabe durch Anwälte
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Gestaltungsgutachten
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Risikoeinschätzung (Gesamteindruck, Gestaltungsfreiheit)
3. Designschutz für eigene Entwürfe
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Rechtzeitige Eintragung in DE/EU/WIPO
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Strategischer Schutz mehrerer Varianten
IV. Unterschiede bei deutschen, europäischen und internationalen Designs
Merkmal | Deutschland (DesignG) | EU (Gemeinschaftsgeschmacksmuster) | International (HMA/WIPO) |
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Rechtsgrundlage | Designgesetz (DesignG) | Verordnung (EG) Nr. 6/2002 | Haager Musterabkommen (HMA) |
Schutzdauer | 5 Jahre, verlängerbar bis 25 Jahre | 5 Jahre, verlängerbar bis 25 Jahre | Je nach Vertragsstaat unterschiedlich |
Eintragung erforderlich | Ja | Ja / Auch nicht eingetragenes Design | Ja |
Anmeldebehörde | DPMA | EUIPO | WIPO (für Haager Abkommen) |
Schutzgebiet | Deutschland | EU-weit | Vertraglich gewählte Länder |
Verletzungsverfahren | Zivilgerichte in DE | EU-weit einheitliches Verfahren | Je nach nationalem Recht der Länder |
Maßstab bei Verletzung | Gesamteindruck des informierten Benutzers | ebenso | Abhängig vom nationalen Recht |